Wer meinen Lebenslauf kennt, der weiß auch, dass ich beide Seiten kenne. Ich arbeite aktuell sowohl in einem Großkonzern als auch in diversen StartUps und En- & Intrapeneursprojekten. Zwischen diesen beiden „Extremen“ gibt es diverse Gmeinsamkeiten, als auch Unterschiede und zu diesen möchte ich euch meine Top 5 Unterschiede präsentieren.

1. Geschwindigkeit

Natürlich packe ich diesen Punkt an die erste Stelle, denn das ist das Erste das man spührt wenn man aus einem StartUp in einen Konzern kommt. Doch mir geht es nicht um die langsamere Geschwindigkeit, die Prozesse haben, wenn mehr Menschen daran involviert sind. Viel mehr ist für mich der größte Unterschied, die Geschwindigkeit in dem die einzelnen Individuen agieren bzw. reagieren. In StartUps ist es überlebensnotwendig, das jeder Mitarbeiter aktiv agiert und Prozesse sowie Situationen einleitet, die das Unternehmen nach vorne bringen. In einem Konzern gibt es diese Notwendigkeit in der Regel nicht, dadurch scheint es ein Muster zu sein, in einen Reaktionsmodus zu verfallen – „Ich warte auf Arbeit“. Der Vorteil ist, dass Menschen sich ihrer Rolle bewusster sind, der Nachteil ist allerdings auch, das die Mitarbeiter in einem Großkonzern sich nur schwerlich selbst in Bewegung setzen und diese Menthalität sich über die Zeit auch festigt, vor Allem in Begleitung mit fehlendem Konsequenzmanagement.

2. Im Theater seine Rolle spielen

Nachdem mir ein Kollege und Freund ein Buch Namens „Zurück an die Arbeit“ von Lars Vollmer schenkte und ich dieses las, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Jeder spielt auf der Arbeit, Zuhause und in anderen Situationen jeweils eine andere Rolle in einem Theaterstück. Dieser Fakt ansich ist noch kein Problem, es wird erst zu einem Problem, wenn die verschiedenen Rollen kein klar erkennbares gemeinsames Ziel haben. Dem einen geht es um die eigene Karriere und sein Fokus liegt darauf sich selber in das beste Licht zurücken, einem anderen geht es um das Unternehmen, er sieht das große Ganze und macht einfach die Arbeit die notwendig ist. Dieses Theater ist in StartUps viel geordneter und führt zu einem nachvollziehbarem Drehbuch, denn alle müssen zunächst den letzten Akt und damit den  Unternehmenserfolg in den Mittelpunkt stellen, sobald dieser Eintritt beginnt meist auch dort das abstraktere Theater. In Großkonzernen wird das Theater immer absurder und es gibt Menschen die fangen irgendwann an dieses mitzuspielen und für die Realität zu halten, andere wiederrum rebellieren, dadurch entstehen neue Konflikte und führen vor Allem in Phasen der Unsicherheit zu einem explosiven Gemisch.

3. Datengetriebene Entscheidungsfindung

Ein großer Themenkomplex, über den sich ein eigenes Buch füllen lässt. Doch mir geht es um das Vertrauen in die eigenen Daten, den Paradigmen-Wechsel und deren Instrumentalisierung. In Konzernen herrscht mitlerweile auch eine „Lass uns das A/B testen“ Menthalität, die auch gut und richtig ist. Dennoch gibt es beispielsweise Best-Practices die nicht mehr A/B getestet werden müssen. Der Klassiker ist der „Big-Orange-Button“. Amazon, Zalando und viele Weitere haben dies getestet und kamen zu der gleichen Erkenntnis. Dennoch höre ich oft in Landingpage Designsprints sätze wie „Wir sind aber nicht Amazon.“ – Da ist etwas dran, aber die Menge an Daten, die zu diesem Sachverhalt erhoben wurde können wir nicht außer acht lassen. Am Ende wird auf Wunsch von Managern dies dennoch getestet und wertvolle Ressourcen in Form von Traffic (=Geld), Zeit und Personal in diesen „unnötigen“ Test gesteckt. In StartUps hat man garkeine Zeit diese Dinge auch nur in Frage zu stellen, denn selbst wenn ein anderer Button 0,05% Conversion mehr bringen könnte steht dies meißt in keinem Verhältnis zu den eingesetzten Ressourcen.

4. Meetingkultur

Es ist bekannt, dass große Unternehmen Methodiken wie „New-Way-of-Working“, „Designsprint“, „Agile-Working“ lieben und diese nutzen um ihre Meetings effizienter zu gestalten. Doch der Effizienzverlust liegt nicht an den Menschen, die die Methodiken in einem Meeting nicht nutzen oder dem Missachten von Sprachregeln, denn dort lässt sich aus meiner Sicht nur bedingt Zeit einsparen. StartUps haben auch dafür keine Zeit und auch keine abgestellten NWOW-Manager, die sich nur um die Einhaltung der Meetingkultur kümmern. StartUps nutzen den deutlich größeren Hebel und stellen jedes Meetings an sich in Frage, denn jedes Meeting ist Zeit zum reagieren mit anderen, die vom agieren abhält. In StartUps wird versucht möglichst viel produktive Zeit am Stück zu erzeugen und die tatsächlich notwendigen Meetings (auch die gibt es) in Zeitslots zu packen wenn man beispielsweise im Zug oder im Auto auf dem Weg nach Hause ist. Großunternehmen unterstützen diese unproduktive Zeit meißt noch mit Unmengen an klimatisierten Besprechungsräumen, internem Catering und einer Politik in der volle Terminkalender mit Produktivität gleichgesetzt wird.

5. Arbeitszeiten

Das Thema Arbeitszeiten und Arbeitszeiterfassung ist jeher ein kontroverses Thema zwischen Politik, Arbeitnehmern, Gewerkschaften und Arbeitgebern. Wenn man gegen 17:00 Uhr durch die deutschen Büros oder Tiefgaragen läuft sieht man oft das Ausmaß von akribischer Zeiterfassung. Leere Büros gleichen für viele Arbeitnehmer einem nachweisbaren Effizienzverlust, doch viel schlimmer als die leeren Büros sind ungenutzten Potentiale der Mitarbeiter. Durch den Druck von Gewerkschaften sind die Mitarbeiter nahezu gezwungen zu den gesellschaftlich anerkannten Uhrzeiten auf der Arbeit zu erscheinen und auch wieder zu gehen um sich genügend Erholung zu gönnen. Doch viele Mitarbeiter müssen dadurch im letzten Abschnitt ihres Tages alle privaten Erledigungen vor dem ebenfalls gesetzlich vorgeschriebenen Ladenschluss machen, die letzten Sonnenstrahlen mit der Sonne genießen und sich in Rush-Hours auf der Autobahn rumschlagen. In StartUps erreicht man eine viel höhere Effizienz durch leistungsgebundene „Zeiterfassung“, wodurch Mitarbeiter glücklicher, entspannter und am Ende auch effizienter sind. Ich selbst habe es geliebt nachts, von Zuhause aus, an Projekten zu arbeiten, wenn kein Telefon klingelt, mit leiser Musik und angenehmen Licht, denn die Mengen an handwerklicher „digitaler“ Arbeit, die ich in diesen Nächten geschafft habe waren bei Weitem kein Vergleich zu meinem Output beispielsweise vor der Mittagspause.

Kennt ihr weitere Unterschiede, die für euch relevant sind, dann hinterlasst mir doch einen Kommentar und teilt diesen Beitrag mit anderen Konzern-oder StartUp-Mitarbeitern.